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Sorgt der BFH (Bundesfinanzhof) für Durcheinander in der Steuerkultur Deutschlands?

Oder fehlt es an einer Steuerkultur, weil der Gesetzgeber schlechte Gesetze macht, die von der Verwaltung mit perpetuierter Zuverlässigkeit zu Lasten der Steuerpflichtigen ausgelegt werden?

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Die auf den ersten Blick provokante Fragestellung findet ihren realen Hintergrund in der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung insbesondere des vergangenen Jahres 2017. BFH und BVerfG haben etliche Verwaltungsanweisungen kassiert bis hin zur Verfassungswidrigkeit einzelgesetzlicher Bestimmungen. Selbst bei profiskalischen Entscheidungen lässt der BFH bisweilen durchblicken, dass er nichts dagegen tun kann, wenn der Gesetzgeber z.B. bei gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen von Mieten aller Art für eine unverständliche Doppelbesteuerung sorgt.

Die stahlfeste Doktrin, den tributpflichtigen Bürger einem als einzige Wahrheit definierten Gesetzeslabyrinth zu unterwerfen, wird auch 2018 für spektakuläre Urteile sorgen. Mit Spannung darf erwartet werden, wie sich der Bundesfinanzhof zur Höhe der Zinsen von 6 % bei Steuernachzahlungen und Steuererstattungen verhalten wird.

Einige Finanzgerichte lassen keinen Zweifel daran, dass die nun schon lange andauernde Niedrigzinsphase eine gesetzgeberische Korrektur verlangt. Der BFH hat bisher die Zinshöhe noch nicht als verfassungswidrig eingestuft, aber in früheren Urteilen deutliche Hinweise gegeben, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verfassungswidrigkeit steigt, je länger die Niedrigzinsphase andauert.

Wir erinnern uns: Politisch sollte die Verzinsung eine Bestrafung sein, rechtlich ein Ausgleich für den Zinsvorteil, den der Steuerpflichtige aufgrund der späten Steuernachzahlung genossen hat. Nur Letzteres lässt sich rechtfertigen, da in der Mehrzahl der Fälle der Steuerpflichtige gar keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Steuernachzahlung nehmen kann.

Eigentlich sollte man annehmen, dass der Gesetzgeber die Hinweise der früheren BFH-Urteile zum Anlass nimmt, um die Zinshöhe zu verändern oder variabel zu gestalten. Die heutigen technischen Verarbeitungsmöglichkeiten lassen eine Zinsvariabilität ohne weiteres zu, zum Beispiel in Anlehnung an den BGB-Zins. Gleichwohl ist bisher niemand im Ministerium oder in der Politik bereit, das Thema konkret aufzugreifen. Man tut so, als wären die 6 % in Stein gemeißelt für jetzt und in alle Ewigkeit. Diese Ignoranz ist nicht unbekannt; bei den Einheitswerten der Grundstücke als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer muss sich der Gesetzgeber eine neue Fassung auch erst von der Gerichtsbarkeit aufzwingen lassen. 

Die Starsinnigkeit der Gesetzgebung machen sich clevere Steuerzahler schon lange zu Nutze. Sie erwarten eine Steuererstattung und das Finanzamt lässt sich mit der Bearbeitung übermäßig viel Zeit? Sagen Sie danke und beschweren Sie sich nicht. Erlässt das Finanzamt einen fehlerhaften Bescheid, der einen Einspruch erforderlich macht? Prima und stellen Sie bloß keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Paradiesisch, wenn Sie ein Verfahren aus 2006 vor dem BFH gewinnen und Sie zur Steuererstattung 66% Zuschlag aus Zinsen erhalten. Freuen Sie sich, wenn Sie die 15-Monatsgrenze seit Ende des Veranlagungsjahres überschritten haben und Ihr Darlehen an den deutschen Staat mit 6 % verzinst wird. Das bietet Ihnen keine Bank und kein Darlehensnehmer hat eine solch erstklassige Bonität wie der deutsche Staat.

Bei drohenden Steuernachzahlungen ab dem 15. Monat stellen Sie einen Antrag auf Heraufsetzung der Steuervorauszahlungen oder zahlen Sie freiwillig die zu erwartende Steuernachzahlung.

Wenn das alle so clever machen, geht der Schuss der Zinsstrafe nach hinten los und der deutsche Staat zahlt mehr Zinsen, als er einnimmt. Das Ausland schaut neidisch, wenn deutsche Steuerzahler für diese Bundesanleihe der besonderen Art 6 % erhalten, während am Kapitalmarkt nur mickrige 0,4 % Zinsen für normale Bundesanleihen zu erzielen sind.

Vielleicht sollte der BFH bezüglich der Zinshöhe doch zugunsten des Staates entscheiden?

Wir wünschen Ihnen eine ertragreiche Steuer- und Finanzplanung für das neue Jahr.