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Gerne hätten wir an dieser Stelle berichtet, dass die Corona-Krise auch eine Chance bietet, mit langjährigen Geisterfahrten des Steuerrechts zum Beispiel bei der Verlustverrechnung aufzuräumen. Das Thema haben sich nicht nur Steuerrechtswissenschaftler zu Eigen gemacht, sondern auch die Bundessteuerberaterkammer und die Wirtschaftsprüferkammer. Wir verschieben das Thema, weil es dringlichere Probleme gibt, nämlich die Verhältnismäßigkeit von Verordnungen.

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Unbestritten ist, dass COVID 19 ansteckend ist und es derzeit weder Medikamente noch Impfstoffe dagegen gibt. Unstrittig ist auch, dass die derzeitigen Beeinträchtigungen die Wirtschaft auf das Äußerste strapazieren und die Gefährdung von Unternehmen und Arbeitsplätzen mit jedem Tag steigt. Genauso wenig wird ernsthaft bestritten, dass die derzeitigen Maßnahmen eine enorme Einschränkung der Grundrechte darstellen, die nur durch den Respekt vor Gesundheit und Leben gefährdeter Personengruppen einigermaßen gerechtfertigt werden können.

Das demokratische Deutschland kann nicht dauerhaft mit Verordnungen regiert werden. Wir können stolz sein auf unsere parlamentarische Demokratie und nicht zulassen, dass allein die Exekutive das Sagen hat. Verfassungsrechtler warnen schon länger, dass das derzeitige Aushebeln der Grundrechte des Grundgesetzes grenzwertig ist und allenfalls tolerierbar für eine begrenzte Zeit angesichts der Furcht vor der Pandemie.

Die derzeitigen Signale aus der Politik machen wenig Mut, dass der Unantastbarkeit der Würde des Menschen die angemessene Beachtung geschenkt wird. Öffnungsdiskussionen werden mit aller Macht unterdrückt, die Maskenempfehlung zur Maskenpflicht erhöht und Schreckensszenarien monotonartig wiederholt; propagiert wird der Ausnahmezustand des Kriegs, Krieg gegen COVID 19.

Die jüngst beschlossenen Maßnahmen des Koalitionsausschusses der Bundesregierung lassen tief blicken. Der Gastronomie soll damit geholfen werden, dass auf Speisen nur noch 7 % Umsatzsteuer abgeführt werden, aber erst ab dem 1. Juli 2020. Das kann nur als Hinweis gedeutet werden, dass eine Öffnung der Gastronomiebetriebe vor dem 30. Juni nicht ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Ist das eine böse Unterstellung? Auf der Homepage des BMF steht, dass die Gastronomiebetriebe nach Lockerung der Beschränkung schnell wieder auf die Beine kommen sollen und deswegen der ermäßigte Umsatzsteuersatz ab 1. Juli 2020 gelten soll.

Zweites Beispiel: das Kurzarbeitergeld soll ab dem vierten Bezugsmonat von 60 % auf 70 % steigen und ab dem siebten Bezugsmonat auf 80 %. Die Regierung rechnet also mit einer lang anhaltenden Unterbeschäftigung der Wirtschaft; es fragt sich nur, ob die Betriebe das überleben. Die wenigsten kleinen und mittelständischen Betriebe können einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr mit hohen Verlusten überleben, trotz Kurzarbeitergeld.

Die Würde des Menschen und die massive Gefährdung der Arbeitsplätze mit logischen Folgen auf das Wohlergehen und letztlich auch die Gesundheit der Menschen können nicht in die Ecke verbannt werden, um überspitzt gesagt den COVID 19 Virus ausrotten zu wollen. Es geht auch nicht darum, den Menschen ab morgen wieder das alte gewohnte Leben wiederzugeben, sondern eine angemessene Diskussion zu ermöglichen. Dazu gehört auch eine objektive Informationspolitik. Das Infektionsrisiko ist relativ betrachtet schon jetzt sehr gering, aber wie hoch ist das Risiko für einen mit COVID 19 Infizierten, wirklich zu erkranken? Und wenn ja, wie schwer? Und wie viele Corona-Tote sind an COVID 19 gestorben? Wer die Sterbenachrichten verfolgt, wird unschwer eine hohe Dunkelziffer erkennen. Was bedeutet es, wenn sich in der Millionenstadt Köln im Durchschnitt der letzten 10 Tage täglich 11 Personen infiziert haben und Stand 27.04. weniger als 200 Personen noch infiziert und vom öffentlichen Leben ausgeschlossen sind? Wir haben fast zwei Monate Erfahrung mit Infektionsgeschwindigkeit, Krankheit und Tod durch COVID 19 und unsere Regierung hat bisher nichts dazu zu sagen.

Noch sind die Menschen geduldig. Mit Rücksicht auf die besonders gefährdeten Personengruppen sagt und fühlt der Gutmensch in uns, die Beeinträchtigungen in Kauf nehmen zu können. Daher erhält die Bundesregierung viel Zuspruch. Das wird sich ändern, wenn die Einkommen nicht nur vorübergehend erodieren. Dann werden die Statistiken anders gelesen und das Gefährdungsrisiko anders eingeschätzt. Schlimmstenfalls gibt es den AFD-Populisten im Land Auftrieb, die auf eine solche Gelegenheit nur warten.

Die Hoffnung und Aussicht auf bessere Tage hilft über viele Krisen hinweg. Al-lein der Sprachgebrauch der Bundesregierung soll bewusst das Gegenteil erreichen. Als am 15. April 2020 eine gewisse und ersehnte Lockerung von der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten beschlossen wurde, lautete die Überschrift „Kontaktbeschränkungen werden verlängert“ und nicht „Geschäfte können wieder öffnen“. Angst und Furcht sind aber keine guten Ratgeber. Geschichtsbewusste Menschen wissen, dass die Weltwirtschaftskrise 1929 keinesfalls nur ökonomische Ursachen hatte.

Wir können nur hoffen, dass die Bundesregierung bald einen anderen, objektiveren Blickwinkel einnimmt.

 

Ihr BPZ-Team

 

Inhaltsverzeichnis

  • Termine Mai/Juni 2020
  • Allein Führungskräften vorbehaltene Betriebsveranstaltung darf nicht pauschal besteuert werden
  • Corona-Krise: Werbungskostenabzug für ein Arbeitszimmer?
  • Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus bei steuerlichen Maßnahmen
  • Energetische Sanierungskosten: Steuerermäßigung nur mit Bescheinigung
  • Krankheitskosten aufgrund Wegeunfalls als Werbungskosten abziehbar
  • Corona-Krise: Steuerbefreiung für Beihilfen und Unterstützungen für Arbeitnehmer
  • Weiterverkauf von Tickets für das Champions League-Finale als privates Veräußerungsgeschäft
  • Corona-Krise: Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen möglich
  • Gravierende Mängel bei der Kassenführung führen zu Hinzuschätzungen des Finanzamts
  • Einfuhr von medizinischer Ausrüstung aus Nicht-EU-Ländern von Zöllen und Mehrwertsteuer befreit
  • Corona-Krise: Anspruch eines Arbeitnehmers auf Entgelt bei behördlichen Infektionsschutzmaßnahmen
  • Corona-Krise: Unternehmen, Genossenschaften, Vereine und Wohnungseigentümergemeinschaften weiterhin handlungsfähig
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