Die Pandemie namens Covid-19 beschäftigt uns alle in allen Bereichen. Die Schutzmaßnahmen schränken die private Bewegungsfreiheit ein und der Umgang der Menschen untereinander wird zwangsweise etwas unmenschlicher.
Das betrifft auch das Berufsleben. Auch hier hinterlassen die Vorsichtsmaßnahmen tiefe Spuren, egal ob im Einzelhandel, in Krankenhäusern, in sozialen Einrichtungen, Produktionsstätten oder in Büros. Im Büro kann ein Großteil der Dienstleistungen deshalb aufrechterhalten werden, weil viele Branchen und Unternehmen digitalisiert arbeiten und ein Laptop mit Zugang zum Zentralserver ausreicht, um die Arbeit zu bewältigen.
Die Gefahr der Entstehung von Infektionsherden ist in Büros natürlich erheblich, weil viele Menschen viel zusammenkommen. Großraumbüros bergen neue Gefahren und jedes Unternehmen ist gezwungen, Corona-Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Versagt das System, kann ein ganzer Betrieb von heute auf morgen lahmgelegt werden.
Insoweit ist es schon erstaunlich, dass Corona-Hotspots in Büros scheinbar eine große Ausnahme zu sein scheinen und auch die Virologen zurückhaltend mit Warnungen sind. Auch in der Öffentlichkeit scheinen Büros keine besonders gefährdenden Orte menschlichen Zusammenseins zu sein.
Sicher spielt dabei auch eine Rolle, dass viele Menschen im Home-Office arbeiten. In manchen Branchen wie zum Beispiel den Versicherungsunternehmen konnte hoch umfänglich und sehr schnell auf Home-Office umgestellt werden, da die Bearbeitungsvorgänge schon seit langem digitalisiert sind. Überall dort, wo papierlos gearbeitet wird, lassen sich Arbeitsplätze an fast beliebigen Orten gestalten.
Dank Covid-19 hat das Home-Office eine völlig neue Bedeutung gewonnen. Die Öffentlichkeit begrüßt die Digitalisierung und vorgebliche Freiheit des Arbeitsplatzes. Der linke Teil der großen Koalition bringt sogar ein Gesetzesvorhaben hervor, wonach der gewöhnliche Arbeitnehmer ein erzwingbares Recht auf einen Home-Office Arbeitsplatz haben soll.
Ist das Home-Office tatsächlich der heilige Gral der neuen Arbeitswelt? Wir haben große Zweifel. Je mittelständischer ein Unternehmen ist, desto größer werden die Zweifel.
Ein wichtiges Thema ist hierbei die Kommunikation und zwar sowohl nach außen als auch die interne Kommunikation. Persönliche Gespräche lassen sich nicht so einfach wegrationalisieren. Einem Menschen ins Gesicht zu schauen, seine Freundlichkeit ebenso nonverbal aufnehmen zu können wie seine Ablehnung oder Empfindlichkeit sind wichtige Voraussetzungen für dauerhaft ergiebige Geschäftsbeziehungen. Der Mensch ist nun mal ein Sozialwesen und kein Roboter mit zwangsgesteuerten Algorithmen.
Besonders deutlich wird dies in Konfliktsituationen. Wir sehen das besonders anschaulich in der Justiz. Wie viele gerichtliche Auseinandersetzungen vor Handelskammern wären vermeidbar gewesen, wenn man sich ohne Rechtsanwälte und gerichtliche Hinweise zuvor face to face auf einen vernünftigen Kompromiss geeinigt hätte. Die Situation der persönlichen Aussprache fördert das gegenseitige Verständnis und die Kompromissbereitschaft, die einseitig verfasste E-Mails niemals zu schaffen vermögen.
Der arbeitende Mensch will aber nicht nur Konflikte vernünftig lösen, sondern auch Freude an der Arbeit empfinden. Ein Vertragsabschluss oder eine Lieferorder ist immer Anlass zur Freude auf beiden Seiten und diese Freude sollte man mit seinem Gegenüber teilen können. Wer auch immer glaubt, dass der gegenseitige Austausch von Glücksgefühlen genauso überflüssig ist wie der Small Talk über gemeinsam verbindende private Interessen, der hat das reale Geschäftsleben nicht verstanden.
Was für den kommunikativen Umgang mit Geschäftspartnern gilt, hat mit anderen Variablen genauso für die innerbetriebliche Kommunikation eine immens hohe Bedeutung. Auch hier möchte man Konflikte konstruktiv im gegenseitigen Dialog lösen und Freude gemeinsam erleben. Nur wer sich auf seiner Arbeit wohlfühlt, wird ansprechende Leistungen erbringen, egal auf welcher Hierarchieebene er arbeitet.
Natürlich ermöglichen auch Home-Office Arbeitsplätze persönliche Telefonate und Videokonferenzen. Dennoch macht es einen gewaltigen Unterschied, ob man sich zwischen diesen Kommunikationsmitteln auch mal persönlich treffen kann oder nicht.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Trennung von Arbeits- und Privatwelt. Beim Home-Office wird diese Trennung zwangsweise mindestens aufgeweicht, wenn nicht sogar aufgelöst. Auf den ersten Blick scheinen die Vorteile zu überwiegen. Man hat in der Einteilung seiner Arbeitszeit eine höhere Flexibilität und in der Wissenschaft herrscht Konsens, dass zumindest bei verantwortungsvollen Mitarbeitern der Output keineswegs sinkt, sondern eher sogar steigt.
Es gibt aber auch eine Kehrseite. Zunächst muss man festhalten, dass längst nicht jeder Mitarbeiter in seinem Haushalt über die Möglichkeit verfügt, einen oder sogar zwei Arbeitsplätze im Home-Office einzurichten. Eine 4-Zimmer Wohnung mit 100 m² für eine vierköpfige Familie klingt komfortabel, kann aber zum Albtraum werden, wenn der eine Laptop auf dem Küchentisch steht, der andere auf dem Beistelltisch im Schlafzimmer und die kleinwüchsigen Kids sich nicht zähmen lassen.
Es geht aber nicht nur um die Platzverhältnisse. Es geht auch um die mentale Einstellung der Menschen. Viele Menschen wünschen sich eine klare Trennung zwischen Arbeit und Privat. Man geht wochentags morgens um 8:00 Uhr aus dem Haus, arbeitet, und kommt um 17:00 Uhr wieder nach Hause. Danach herrscht Freizeit, egal ob für Sport, Fernsehen, Lesen oder gesellige Aktivitäten. Man weiß, in welcher Welt man sich bewegt, kennt seine Aufgaben und Möglichkeiten. Im Home-Office besteht die Gefahr, ständig zwischen den Welten hin- und her switchen zu müssen. Was man morgens nicht schafft, weil man noch eine private Besorgung zu erledigen hat, muss abends nachgeholt werden, wenn man sich eigentlich seinen Freizeitaktivitäten widmen möchte. Eine dicke Anerkennung an all die Mütter und Väter, die zeitgleich nicht nur den Spagat zwischen Arbeitswelt und privater Welt schaffen, sondern auch die besonders verantwortungsvolle Aufgabe der Betreuung der Kinder bewältigen.
Home-Office – der Weg in die Zukunft? Oder auch ein Schritt in die Vergangenheit?
Historiker erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert das ersatzlose Verschwinden der Heimarbeit als großer Erfolg der modernen Arbeitswelt gefeiert wurde. Heimarbeit – kennen oder erinnern Sie sich noch an diesen Begriff?
Wir sind durchaus der Meinung, dass die Einrichtung von Home-Office Arbeitsplätzen eine segensreiche Möglichkeit zur Erbringung von Arbeitsleistungen darstellt. Sie sollte aber keinesfalls den Arbeitsalltag mit persönlicher Kommunikation und einer Trennung von Arbeits- und Privatwelt ersetzen.
Ihr BPZ-Team
Inhaltsverzeichnis
- Termine Steuern/Sozialversicherung November/Dezember 2020
- Finanzminister setzen sich für zusätzliche steuerliche Anreize für das Ehrenamt ein
- Steuerliche Auswirkung beim Arbeiten im Ausland
- Zeitarbeiter: Entfernungspauschale oder Reisekosten bei Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte
- Geltendmachung vom Vermieter gezahlter haushaltsnaher Dienstleistungen nur mit Nachweis
- Pendlerpauschale steigt ab 2021
- Spenden steuermindernd geltend machen – auch Sach- und Zeitspenden
- Kindergeld für ein ausbildungsunfähig erkranktes Kind – Anforderungen an den Nachweis der Erkrankung
- Die Bewertung unfertiger Leistungen am Bilanzstichtag
- Abzug von Scheidungskosten im Einkommensteuerrecht
- Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer beim Grundstückserwerb
- Bundesrat billigt Steuerbefreiung für E-Autos
- Steuer-Identifikationsnummer gewinnt an Bedeutung durch Registermodernisierungsgesetz